Messtechnische Ausrüstung und Datenauswertung

Messtechnik

Messgeräte

Tauchsonden

Zur Wasserstandsmessung vor Überlaufschwellen, aber auch in Beckenkammern und Pumpensümpfen werden sehr häufig Tauchsonden eingesetzt, die an einem Kabel von oben in das Bauwerk eingehängt werden. An der Unterseite trägt der Sensor eine druckempfindliche Membrane, die je nach Wasserstand mehr oder weniger tief in der Flüssigkeit hängt und dadurch dem entsprechenden hydrostatischen Wasserdruck ausgesetzt ist. Dieser wird meist kapazitiv direkt gemessen. Tauchsonden gibt es mit verschieden großen Messbereichen.

Die Tauchsonde misst also immer, wie weit sie aktuell eingetaucht ist. Dadurch wird die Lage des Nullpunkts (in der Regel die Unterkante des Sensors) von der Länge der Aufhängung festgelegt. Es ist wichtig, bei der Einrichtung der Messstelle diese Länge genau zu dokumentieren, um bei einem Ausbau der Sonde oder einem Austausch den Nullpunkt wieder exakt einstellen zu können. Aus demselben Grund wird die Verwendung von nicht ohne weiteres lösbaren Kabelverschraubungen und von soliden, kräftigen Aufhängekonstruktionen (keine leicht verbiegbaren "Wäschekeinenhaken"!) empfohlen. Hängt eine Tauchsonde nach dem Wiedereinbau, aus welchen Gründen auch immer, einige mm höher oder tiefer als vorher, bedeutet das sofort einen Nullpunktfehler in dieser Größe.

Oft werden für die Aufhängung von Tauchsonden preiswerte Keilklemmen verwendet, die man an ein Kabel schnell anklemmen kann und die eigentlich zum Aufhängen von Fernmeldekabeln etc. gedacht sind. Diese werden für Tauchsonden nicht empfohlen, weil sie sich bei ausgehängter Tauchsonde zu leicht vom Kabel lösen und es dann schwierig ist, sie in der korrekten Position wieder anzubringen - keilt man sie fest, so verschieben sie sich zwangsläufig um einige Millimeter.

Tauchsonden werden zur Verringerung der Verschmutzungsgefahr meist in ein Hüllrohr eingehängt, das zum Beispiel an der Beckenwand montiert ist. Zur Kalibrierung und Justierung der Sonde sollte diese nach oben herausziehbar sein, dabei ist es sinnvoll, wenn einige Kabelschlingen etwas Bewegungsfreiheit gestatten.

Das Kabel enthält meist auch eine Druckausgleichskapillare, also einen dünnen Schlaich, der im Schaltschrank offen endet und so mit dem Umgangs-Luftdruck (als Gegendruck für den Sensor in der Tauchsonde) beaufschlagt ist; auf diese Weise wird zum Beispiel der wechselnde Luftdruck kompensiert. Es ist darauf zu achten, dass diese Kapillare nicht abgeknickt ist; auch darf dort kein Wasser eintreten, weil sonst Fehlmessungen die Folge sein können. Für eine fachgerechte Installation sind die Angaben des Geräteherstellers zu beachten.

Ultraschall-Abstandssonden

Ultraschall-Abstandssonden oder -echolote werden über der Wasseroberfläche montiert und kommen mit dem Medium Abwasser in der Regel nicht in Berührung, sind also weit weniger verschmutzungsempfindlich als Tauchsonden. Der Sensor (Messkopf) sendet nach unten Ultraschallsignale zur Wasseroberfläche hin aus und "lauscht" auf das Echo; aus der gemessenen Laufzeit wird die Entfernung zwischen Sensorunterkante und Wasserspiegel berechnet.

Beim Einbau sind die Angaben des Herstellers zum Öffnungswinkel der Schallkeule, zum Messbereich und zum Mindestabstand zur Wasseroberfläche, dem so genannten Blockabstand, zu beachten. Einige dieser Maße lassen sich bei modernen Sensoren elektronisch parametrieren. Auch hier sollte das Gerät mechanisch fest und reproduzierbar befestigt werden.

Schwache Blechschienen, die an der Beckenwand nur mit einem Winkeleisen angeschraubt werden und zum Federn oder Verbiegen neigen, sind ungeeignet, weil auch beim Ultraschallsensor jede Veränderung der Sensorposition um einige Millimeter nach oben oder unten unmittelbar einen Nullpunktsfehler dieser Größe bedeutet.

Bermen und Steigeisen sollten nicht in den Bereich der Schallkeule ragen, weil diese Fehlreflexionen verursachen können, die dann zu Fehlmessungen führen. Auch Schaum auf der Wasseroberfläche ist problematisch.

Eine weitere Fehlerquelle kann sich beim Ultraschallsensor durch Temperatureffekte ergeben. Die Schallgeschwindigkeit in der Luft ist grundsätzlich temperaturabhängig. Zwar versucht die Elektronik das zumeist zu kompensieren, doch registriert der dafür zuständige Thermosensor die Temperatur im Messpunkt (dort, wo er eingebaut ist) und nicht die entlang der Messstrecke. Scheint die Sonne auf das Sensorgehäuse, so heizt sich dieses stärker auf als die Luft über dem kühlen Wasser. Dadurch ergibt sich eine Temperatur-Überkompensation mit entsprechendem Messfehler, der in ungünstigen Fällen einige mm betragen kann. Es empfiehlt sich deshalb, ein einfaches Sonnenschutsdach über dem Sensor zu installieren, das eine direkte Sonneneinstrahlung auf das Gehäuse des Messkopfes vermeidet. In engen tiefen Gerinnen kann sich auch durch eine Temperaturschichtung entlang der Schallkeule (unten kühl, oben warm) ein Messfehler ergeben (DWA-M 181, 2011).

Ist eine Ultraschallsonde über einem geneigten Beckenboden oder einer Berme montiert, kann es bei leerem Becken zu einem Signalverlust kommen, weil der dann von der Berme und nicht mehr vom Wasserspiegel reflektierte Schall nicht mehr den Messkopf trifft. Um das zu vermeiden, sollte die Sonde über dem Trockenwettergerinne platziert werden oder man baut unter der Sonder auf dem Beckenboden ein überstaubares, ca. 50 x 50 cm großes, waagrecht ausgerichtetes Referenzblech ein. Dies ist auch bei Sonden mit geringem Messbereich möglich, die nur die Überlaufschwelle überwachen. Wasserstände tiefer als die Lage dieses Blechs lassen sich dann jedoch nicht messen.

Ist zwischen der Bauwerksdecke und dem höchsten Wasserspiegel nur wenig Platz vorhanden, gibt es auch die Möglichkeit, den Sensor waagrecht unter der Decke zu montieren und die Schallkeule mit einer um 45° wie ein Spiegel geneigten Reflexionsplatte nach unten umzulenken. Der Blockabstand liegt dann in der Waagrechten.

Es gibt auch Ultraschallsensoren, die am Gerinneboden installiert sind, also unter Wasser, und bei denen die Schallkeule nach oben gerichtet ist. Diese kommen zur Überwachung der Überlaufaktivität von Regenbecken jedoch nur in Ausnahmefällen zur Anwendung und werden hier deshalb nicht näher besschrieben.

Radar-Abstandssonden

Eine neuere Entwicklung in der Technik zur Messung von Wasserständen sind Radarsensoren als über dem Wasserspiegel installierte Abstandssonden, die vom Einbau und der Anordnung her Ultraschallsonden weitgehend gleichen, aber nach dem Prinzip eines Radargerätes mit elektromagnetischen Wellen hoher Frequenzen arbeiten. Auch hier wird vom Messkopf ein Impuls nach unten ausgesandt, auf das Echo von der Wasseroberfläche "gelauscht" und aus der Laufzeit errechnet die Elektronik die Lage des Wasserspiegels. Für den Einbau von Radarsonden gilt im Wesentlichen das bereits für die Ultraschallsensoren Gesagte. Auch hier ist eine mechanisch stabile, reprozierbare Befestigung empfehlenswert. Die Herstellerhinweise zur Installation sind zu beachten. Auch Radarsensoren erfordern oft einen Blockabstand und bei beschränkter Einbauhöhe kann auch hier ein Winkelspiegel angewendet werden.

Gegenüber Ultraschallsonden sind Radarsonden in der Regel genauer und auch weitgehend unempfindlich gegenüber Temperatureffekten. Schaum auf dem Wasser stellt in der Regel kein Problem dar.


Messdatenspeicherung und -übertragung

Für die Erfassung, Speicherung und Übertragung der Messdaten gibt es je nach den örtlichen Gegebenheiten eine Reihe von technischen Lösungen mit unterschiedlichem Aufwand. Es gilt zunächst, die zum Beispiel von einem Wasserstandssensor kontinuierlich in Echtzeit gemessenen Messwerte zu speichern, und zwar zusammen mit der Information, zu welchem Zeitpunkt der betreffende Wert gemessen wurde. In aller Regel wird dazu das kontinuierliche Messsignal der Wasserstandssonde abgetastet, also in regelmäßigen Zeitabständen (etwa jede Minute) der aktuelle, momentane Wert in einem Speicher vermerkt. Bei einigen Geräten wird statt des Momentanwertes auch der über dieses Zeitintervall gemittelte Messwert aufgezeichnet.

Die aufgezeichneten Daten liegen somit als Werte zu diskreten, bekannten Zeitpunkten vor. Wie eng die Zeitdiskretisierung, also die Zeitabstände, gewählt werden, hängt vom Erfordernis der Messaufgabe ab. Da heute die Speicherkapazität der Elektronik kaum noch der limitierende Faktor ist, empfiehlt sich zur Auswertung von Überlaufereignissen ein 1- oder höchstens 2-minütiges Zeitintervall. Längere Intervalle, z.B. 15 Minuten, können für andere Protokollaufgaben ausreichend sein, so etwa für den Beckeneinstau. Zur Bestimmung einer Überlaufdauer erscheint eine Auflösung von 15 Minuten jedoch als zu grob, denn dann würden kürzere Überlaufereignisse nicht immer registriert - zwischen den Abtastzeitpunkten ist die Anlage normalerweise "blind". Jeder aufgezeichnete Messwert benötigt einen "Zeitstempel", d.h. es muss die genaue Zeit des Messwertes in geeigneter Weise mit registriert werden.

Neben der am häufigsten angewendten regelmäßigen Abtastung des Messsignals gibt es auch noch andere Möglichkeiten, so das zeitlich unregelmäßige Aufzeichnen. Der "Zeitstempel" ist in diesem Fall besonders wichtig. Diese Methode kann erheblich Speicherplatz sparen, etwa wenn kurze Überlaufzeiten eines RÜB auf sehr lange Trockenwetterphasen folgen: Die Überlaufphasen können zum Beispiel minütlich abgetastet werden, während die Aufzeichnung pausiert, sobald der Wasserstand tiefer liegt als ein bestimmtes Maß unter der Schwelle. Oft gibt es zusätzlich einen Messwert einmal täglich zur festgesetzten Zeit als "Lebenszeichen" der Anlage. Die Auswertung solcher Datensätze ist etwas komplizierter.

Eine andere Möglichkeit, die Aufzeichnung unnötiger Messdaten zu minimieren, besteht darin, erst dann einen neuen Messwert samt Zeitstempel zu speichern, wenn das Messsignal sich um ein bestimmtes Maß geändert hat (sogenannte Delta-Event-Archivierung). Als Kriterium für eine zu speichernde Änderung wird dabei oftmals eine prozentuale Veränderung (z.B. +/- 1 % des vorherigen Wertes) statt einer absoluten Veränderungen des Messwertes (z.B. um +/- 1 cm) definiert. Dies kann dann aber zur Folge haben, dass bei hohen Messwerten, die über längere Zeit anliegen (beispielsweise bei einem Entlastungsereignis mit länger anhaltendem hohen Wasserstand) eine vergleichsweise grobe Abspeicherung der Messdaten mit Sprüngen im Bereich mehrerer Zentimeter auftritt. Bei einer in Prozent definierten Änderung von 2 % entspricht bei einem Wasserstand von 3,50 m der Änderungswert für eine Abspeicherung im Delta-Event-Verfahren 0,07 m, so dass eine Abspeicherung der Messwerte in einem 0,07 m-Raster stattfindet. Das wäre für eine Entlastungsprotokollierung viel zu grob. Bei Systemen mit Delta-Event-Speicherung ist dieser Umstand entsprechend zu beachten und in der Konfiguration richtig anzupassen.

Die so gewonnenen Messdaten liegen zunächst als Ganglinie des Beckenwasserstandes W(t) vor. Es empfiehlt sich dringend, diese Ganglinie als Rohdatensatz zu speichern und nicht nur die bereits weiterverarbeiteten Daten (etwa nur die ermittelten Überlaufereignisse). Sind zum Beispiel nur Beginn und Ende der Überlaufereignisse gespeichert, aber die zugrundeliegende Ganglinie nicht mehr greifbar, ist es kaum mehr möglich, eine Plausibilitätskontrolle der Messung vorzunehmen und auch das korrekte Erkennen der Überlaufereignisse kann dann nicht mehr überprüft werden. Umgekehrt ist es bei vorhandenen Rohdaten möglich, selbst bei einer verstellten Sonde (Nullpunktsfehler z.B. durch Verbiegen der Aufhängung) nachträglich eine Neuauswertung vorzunehmen, indem der neue Nullpunkt (bzw. die darauf bezogene Schwellenhöhe mit Hysterese) zugrunde gelegt werden. Die Rohdaten sollten auf Dauer verfügbar sein.

Es sind grundsätzlich immer auch die Rohdaten (in der Regel Wasserstandswerte und die zugehörige Zeitinformation als Ganglinie W(t)) zu speichern, um eine nachträgliche Plausibilitätskontrolle und ggf. Neuauswertung zu ermöglichen.


Messdatenauswertung

Das Ziel der Messdatenauswertung ist der Nachweis einer bestimmungsgemäßen Funktion des Regenüberlaufbeckens. Zunächst bietet es sich daher an, ganz unmittelbar die Funktion der im Becken eingebauten Technik anhand aufgezeichneter Ganglinien des Wasserstands und wenn vorhanden, auch anderer Betriebsdaten zu kontrollieren.

Besondere Bedeutung hat eine solche Prüfung unmittelbar nach der Inbetriebnahme eines neuen Bauwerks oder nach einer Sanierung mit der Nachrüstung von Komponenten wie einer neuen Drosseleinrichtung oder von Reinigungseinrichtungen. Diese erstmalige Prüfung der Beckenfunktionen anhand von Messdaten sollte sich dabei generell an den Empfehlungen für die Durchführung eines Probebetriebs nach DWA-A 166 (2013) bzw. VDMA 24657 (2012) orientieren (bzw. im Rahmen eines solchen Probebetriebs stattfinden) und folgende wesentliche Punkte beinhalten:

  • Registrierung und Auswertung von Messdaten als Ganglinien bei mindestens drei Einstauereignissen (besser Entlastungsereignissen ) in Folge
  • Kontrolle des Drosselverhaltens (plausibles Einhalten des geforderten Drosselabflusses, ggf. Funktion der Abflussregelung)
  • Kontrolle von Ein-/Ausschaltpunkten der Pumpen und Rührwerke
  • Erkennen möglicher Instabilitäten (wie oft werden Schieber bewegt und Pumpen oder Rührwerke ein- bzw. ausgeschaltet?)
  • Dokumentation der Ergebnisse, so dass diese bei künftigen Wiederholungen der Prüfung vorliegen

Der Datenauswertung von natürlichen Einstau- und Überlaufereignissen ist der Vorzug vor künstlich (z.B. durch Schließen des Absperrschiebers vor der Drossel) erzeugten Einstauereignissen zu geben. Aus diesem Grund sollte als Auswertezeitraum von 3-6 Monaten ausgegangen werden. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, dass bei Neuinstallationen bereits die Datenerfassung der ersten Einstauereignisse kontrolliert wird, damit von Anfang an gewährleistet ist, dass auswertbare Daten aufgezeichnet werden.

Eine solche Ganglinienauswertung zur Funktionsprüfung der Beckentechnik kann auch später bei Bedarf wiederholt werden, etwa wenn Änderungen an der Ansteuerung bestimmter Komponenten vorgenommen wurden oder Aggregate ausgewechselt wurden.

Wenn das bisher noch nicht geschehen ist oder die geforderte Dokumentation fehlt, sollte eine Datenauswertung im Sinne eines Probebetriebs auch bei Bestandsanlagen durchgeführt werden, auch gerade dann, wenn die Regenbecken bereits seit vielen Jahren auf ein Prozessleitsystem aufgeschaltet sind. Dabei ist die Brauchbarkeit der vorhandenen Daten zu überprüfen, auch z.B. im Hinblick auf das Zeitintervall und den Speicherzeitraum der Rohdatenarchivierung. Wenn nötig (etwa bei zu grober Zeitdiskretisierung und deshalb wenig aussagekräftigen Daten), können dann beispielsweise am Aufzeichnungsmodus Änderungen vorgenommen werden.

Es wird empfohlen, bei Inbetriebnahme neuer Regenbecken im Rahmen eines Probebetriebs nach DWA-A 166 (2013) bzw. VDMA 24657 (2012) eine Ganglinienauswertung zur Funktionsprüfung der apparatiben Technik des Bauwerks vorzunehmen, ebenso bei Sanierungen mit Nachrüstungen von Komponenten wie einer neuen Drosseleinrichtung oder von Reinigungseinrichtungen.
Später kann eine solche Prüfung bei Bedarf wiederholt werden, etwa wenn Aggregate ausgewechselt wurden oder ihre elektrische Ansteuerung geändert wurde.
Generell sollte eine Ganglinienauswertung im Sinne eines Probebetriebs auch bei Bestandsanlagen durchgeführt werden, bei denen dies noch nicht geschehen ist. Zweck ist das Sicherstellen der Brauchbarkeit und Aussagekraft der aufgezeichneten Daten.

Nachfolgend werden die einzelnen Schritte der Messdatenauswertung in einem Fließschema dargestellt.


Abbildung 1: Fließschema Messdatenauswertung für Neuinstallationen und Bestandsanlagen


Betrachtung der gemessenen Überlaufaktivität von Regenbecken

Zur Betrachtung der gemessenen Überlaufaktivität von Regenbecken stehen nachfolgend dargestellte Methoden zur Verfügung, die sich gegenseitig ergänzen. Am einfachsten sind dabei die Betrachtungen mittels einer Summenhäufigkeitsverteilung und dem Krauth-Index.

Summenhäufigkeitsverteilung der Überlaufdauer und -häufigkeit

Bereits in den 90er Jahren wurde von der Firma UFT ein einfaches Auswerteverfahren für die Überlaufdauer und -häufigkeit von Regenüberlaufbecken im Mischsystem entwickelt (Brombach und Wöhrle, 1997). Dabei wurden die Messdaten des untersuchten Regenbeckens einfach der gemessenen Überlaufdauer und -häufigkeit einer Vielzahl anderer Regenbecken gleichen Typs gegenübergestellt. Diese Daten konnten als "Ranking", also der Größe nach geordnet in Form einer Über- bzw. Unterschreitungskurve der Überlaufhäufigkeit oder -dauer dargestellt werden.

Eine Summenhäufigkeitsverteilung bei Regenentlastungen zeigt die Verteilung der Überlaufdauer D(e) und der Überlaufhäufigkeit n(e) einer großen Anzahl von Regenbecken.

Mit den 20 %-, 40 %-, 60 %- und 80 %-Quantilen lassen sich dadurch unmittelbar fünf Klassen "sehr seltenen", "seltenen", "durchschnittlichen", "häufigen" und "sehr häufigen" oder aber "sehr kurzen", "kurzen", "durchschnittlichen", "langen" oder "sehr langen" Überlaufens unterscheiden (siehe Abbildung 2 und Abbildung 3). Liegen die gemessenen Überlaufkenngrößen eines zu untersuchenden Regenbeckens vor, lässt sich dieses unmittelbar in die betreffenden Klassen einordnen und sehen, ob es verglichen mit den vielen gleichartigen Anlagen eine vergleichsweise hohe oder geringe Überlaufaktivität zeigt. Dieser Vorgang wird auch als "Rating" bezeichnet.


Abbildung 2: Ranking-Kurven für die Überlaufhäufigkeit n(e) in Kalendertagen pro Jahr


Abbildung 3: Ranking-Kurven für die Überlaufdauer D(e) in Stunden pro Jahr

Der Krauth-Index: Anteil der Tage mit Überlauf an den Tagen mit Einstau

Krauth (2014) schlägt als kriterium für die Bewertung der Entlastungsaktivität vor, "zu dokumentieren, an wie vielen Tagen pro Jahr durch die Becken eine Gewässerbelastung vermieden werden konnte." Als Kriterium wird die relative Belastungshäufigkeit (des Gewässers) durch ein Regenbecken definiert. Diese Größe wird im Folgenden als "Krauth-Index" K bezeichnet und in % angegeben. Dabei bezeichnen n(e) die Entlastungs- und n(f) die Einstauhäufigkeit in Kalendertagen pro Jahr. Als Maßstab für die Bewertung werden die in Tabelle 1 angegebenen Werte vorgeschlagen. Ein Becken verhält sich demnach dann "gut", wenn es häufig eingestaut ist, aber nur selten überläuft. Staut es hingegen sehr oft ein, ohne überzulaufen, ist das wiederum ein Indiz für eine nicht optimale Situation und könnte z.B. auf einen hohen Fremdwasserzufluss hindeuten.

Im Gegensatz zu den Summenhäufigkeitsverteilungen ist der Krauth-Index unabhängig von einem Referenzdatensatz. Ein weiterer Vorteil ist, dass Besonderheiten des Niederschlagsgeschehens teilweise kompensiert werden, da in einem "nassen" Jahr sowohl die Einstau- als auch die Entlastungshäufigkeit zunimmt. Wie beim Rating bleibt auch bei der Bewertung des Krauth-Indexes die Frage ungeklärt, in welchem Rahmen Schwankungen tolerierbar oder gar unvermeidbar sind. Der Ansatz, Becken mit K < 20 % oder K > 80 % als falsch bemessen oder betrieben einzuordnen, ist bewusst subjektiv gewählt. Auch hier gilt es wie beim Rating, auffällige Becken näher zu untersuchen und eine Ursachenforschung zu betreiben.


Tabelle 1: Bewertungsmaßstab des Krauth-Indexes

Vergleich der Überlaufaktivität mehrerer Becken in einem Einzugsgebiet: Das DWA-Datentool

In der Regel hat eine Kommune oder Verband mehrere Regenüberlaufbecken zu betreiben. Hier ist interessant, deren Einstau- und Entlastungsverhalten miteinander zu vergleichen, um Belastungsschwerpunkte der Gewässer identifizieren zu können. Zu diesem Zwecke hat der DWA-Landesverband Baden-Württemberg ein Excel-Tool (DWA-Landesverband Baden-Württemberg, 2016) entwickelt, welches eine Erfassung und Visualisierung ermöglicht. Das Excel-Tool dient der einfachen und übersichtlichen Dokumentation und Bewertung der Einstauhäufigkeit und -dauer sowie Entlastungshäufigkeit und -dauer und hilft den Betreibern, das Verhalten der Becken im Gesamtsystem besser zu verstehen und zu vergleichen.

Einfache Berücksichtigung der hydrologischen Einflüsse auf Überlaufdauer und -häufigkeit: Das Schätzverfahren nach Meißner

Wird vorausgesetzt, dass das Regenbecken nach den Regeln der Technik unter Beachtung der Eigenkontrollverordnung gewartet und betrieben werden, so entfallen offensichtliche Ursachen wie offenstehende Umlaufleitungen, verlegte Drosselorgane oder grob falsch eingestellte Drosselabflüsse. Auch Hochwassereinfluss auf die Messstelle, der mancherorts zu nur scheinbarem langdauerndem Überlaufen führt, sollte ausgeschlossen werden. Ausschlaggebend für die Überlaufaktivität sind dann im Wesentlichen hydrologische Einflüsse. Speziell bestimmt das Wechselspiel zwischen der zum Abfluss kommenden jährlichen Niederschlagshöhe h(Na, eff), dem Beckenvolumen V und dem Drosselabfluss Q(Dr, ob ein Regenbecken sich rasch und oft füllt und dann häufig und auch zwangsläufig lange überläuft oder eben seltener und kürzer.

Beckenvolumen und Drosselabfluss hängen beide von der Größe A(U) des Einzugsgebietes ab und müssen daher - um vergleichbar zu sein - mit dieser Größe skaliert werden. Es ergibt sich so das spezifische RÜB-Volumen V(S) = V/A(U) in m^3/ha. Der Drosselabfluss findet sich in der weitergeleiteten Regenspende q(r) in l/(s*ha) wieder, die den spezifischen Abfluss (über den Trockenwetterabfluss hinaus) angibt, mit welchem das RÜB nach einem Regen durch die Drossel entleert wird. Die Niederschlagshöhe h(N) im Messzeitraum in mm oder l/m^2 ist bereits mit der Fläche skaliert. Die Abhängigkeiten kann man qualitativ sofort angeben: Ein großes spezifisches Beckenvolumen V(S) verringert diese, ebenso eine große, weitergeleitete Regenabflussspende q(r).

Eine relativ einfache Möglichkeit, diese hydrologischen Einflüsse auf die Überlaufdauer und -häufigkeit zu erfassen, ist das Schätzverfahren nach Meißner (vgl. Meißner 1991, BayLfW 2006). Es benötigt einige zusätzliche Daten über Becken und Einzugsgebiet, verwendet aber relativ einfache Formeln und ist lange nicht so aufwändig wie eine Schmutzfrachtberechnung. Zusätzlich lässt sich im Zuge des Verfahrens auch das jährliche Entlastungsvolumen ermitteln und mit eventuell vorhandenen Messungen vergleichen.

Vergleich von Messdaten mit den Ergebnissen einer Schmutzfrachtberechnung

Seit etwa 30 Jahren sind verschiedene kommerzielle Schmutzfrachtberechnungsmodelle erhältlich, mit deren Hilfe Einzugsgebiete in Mischsystemen mit hintereinander geschalteten Regenbecken simuliert werden können. Die Simulation berechnet die jährlichen Entlastungsvolumina und -frachten an allen RÜB-Entlastungen wie auch den Zustrom zur Kläranlage und gibt für alle Becken auch zumeist direkt Dauer und Häufigkeit der Entlastungen an. Dabei werden die hydrologischen Einflüsse durch detailliertes Ansetzen der Einzugsgebiets- und Beckendaten berücksichtigt, wie auch die sehr wichtige gegenseitige Beeinflussung der Bauwerke infolge ihrer Hintereinanderschaltung. Zum Nachweis der Regenwasserbehandlung gibt das Regelwerk DWA-A 102 die Vorgehensweise beim Nachweisverfahren vor.

Bewertung im Hinblick auf Anforderungen aus Gewässersicht

Mit dem Leitfaden "Gewässerbezogene Anforderungen an Abwassereinleitungen" (Baden-Württemberg, 2015) ist den Wasserbehörden, Betreibern, Ingenieurbüros und gewässerökologischen Gutachtern auch für die immissionsbezogenen Anforderungen ein Ablaufschema für das Wasserrechtsverfahren an die Hand gegeben. Dem Messen an Regenüberlaufbecken kommt dabei als einzigem Mittel, um die tatsächliche Gewässerbelastung durch Mischwasserüberläufe abzuschätzen, eine wichtige Bedeutung zu. Der Leitfaden bestätigt die Notwendigkeit, "die Entlastungstätigkeit (Häufigkeit und Dauer) der einzelnen RÜBs auf Dauer" zu messen und auszuwerten, und zwar unabhängig von der korrekt durchgeführten Schmutzfrachtberechnung. Um statistisch annähernd aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen, ist dafür ein Zeitraum von mindestens drei Jahren erforderlich (Baden-Württemberg, 2015).


Lösungsansätze zur Optimierung von Regenbecken

Es wird davon ausgegangen, dass im Einzugsgebiet einer Kläranlage alle erforderlichen Regenüberlaufbecken bereits existieren und dass diese nach Maßgabe der technischen Regeln für einen hinreichenden Gewässerschutz bemessen sind, etwa nach dem DWA-Arbeitsblatt DWA-A 102. Auch wenn damit ein Mindeststandard für die Emissionen eingehalten ist, ist oft eine weitere Optimierung möglich. Darunter soll im Folgenden eine Änderung des Betriebs von bestehenden Regenbecken verstanden werden mit dem Ziel, die Belastung der Gewässer durch Mischwassereinleitungen weiter zu minimieren. Ebenso können als Nebeneffekt energetische Optimierungen durchgeführt bzw. untersucht werden (Flohr und Lieb, 2012).

Als häufigste Maßnahme zur Optimierung, die aus Wirtschaftlichkeitsgründen ohne größere Umbaumaßnahmen auskommen soll, kommt die Veränderung der Drosselabflüsse der Einzelbauwerke in Betracht. Drosselabflüsse können statisch verändert werden (z.B. durch Einbau eines neuen Drosselorgans mit geändertem Bemessungsabfluss) oder aber dynamisch, so dass sie während des Betriebs verändert werden. In letzterem Fall spricht man von einer Abflusssteuerung.

Das Optimierungspotenzial ist aber nicht nur auf das Verändern von Drosselabflüssen beschränkt, sondern kann sich auch auf die generelle Abwirtschaftungsweise der Becken durch gegenseitige Verriegelungen und Freigaben der Beckenentleerung beziehen. Allen Optimierungsansätzen ist gleich, dass eine verlässliche und detaillierte Datengrundlage benötigt wird. Außerdem bedürfen Veränderungen der Drosselabflüsse einer Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.

Kernpunkt ist bei der Betrachtung der Umstand, dass sich verschiedene Regenüberlaufbecken im gleichen Einzugsgebiet durch die Systemtopologie, also ihre gegenseitige Anordnung (Hintereinander- oder Parallelschaltung) gegenseitig beeinflussen und dass sie weiterhin zumeist in verschiedene, eventuell auch ökologisch unterschiedlich empfindliche Gewässerabschnitte entlasten. Aus diesem Grund genügt es nicht, jedes RÜB für sich zu untersuchen, sondern es gilt stets, Einzugsgebiet, Regenbecken und Kläranlage gesamtheitlich zu betrachten. Wichtig für das Verständnis und nachfolgende Untersuchungen ist die Aufteilung des Einzugsgebiets in Klarstränge.

Strangbetrachtungen

Anhand der Systemtopologie, wie sie aus einem Allgemeinen Kanalisationsplan (AKP), besser noch aus einer Schmutzfrachtberechnung hervorgeht, kann das Einzugsgebiet schematisch in Teileinzugsgebiete bzw. Teilstränge des Kanals unterteilt werden, speziell natürlich bei größeren Einzugsgebieten. Jeder Strang wird in der Regel durch ein Regenbecken abgeschlossen, d.h. der gesamte Trockenwetterabfluss aus dem Teileinzugsgebiet passiert dieses RÜB. Einen schematischen Strangeinteilungsplan zeigt Abbildung 4. Eine vergleichende Betrachtung der Entlastungsaktivität kann sich dann auf einzelne Stränge erstrecken, also nur die Becken in diesem Strang untersuchen mit dem strangabschließenden Becken am Ende.


Abbildung 4: Strangeinteilungsplan

*Auszüge aus dem Leitfaden "Regenbecken im Mischsystem - Messen, Bewerten und Optimieren -"


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