Grundlagen Regenbecken
Im Mischsystem wird das in Haushalten, Gewerbe und Industrie anfallende Abwasser (Schmutzwasser) zusammen mit dem Niederschlagswasser sowie dem Fremdwasser in einem Kanal gesammelt und abgeleitet. Bei Regen treten sehr hohe Abflüsse auf, die nicht vollständig in den Kläranlagen behandelt werden können. Daher sind Bauwerke nötig, in denen ein Teil dieser Abflüsse zwischengespeichert werden können. Sobald auch diese Bauwerke voll sind, laufen sie über und das (zum Teil geklärte) Wasser wird direkt ins Gewässer geleitet.
Regenüberlaufbecken
Regenüberlaufbecken haben die grundsätzliche Funktion den weitergeführten Abfluss (Niederschlag und Wasser aus Haushalten und Industrie) in Richtung der Kläranlage zu begrenzen. Sie werden an Stellen angeordnet, an denen der kritische Mischwasserabfluss Q(krit) nicht wie bei einem Regenüberlauf in voller Höhe in Richtung der Kläranlage weitergeleitet werden soll oder darf. Dies trifft zum Beispiel auf die letzte Entlastungsanlage vor der Kläranlage zu. Spätestens hier muss der Abfluss auf den Bemessungszufluss Q zur Kläranlage gedrosselt werden. Dieser Wert ist allerdings deutlich niedriger als Q(m). Abflüsse, die Q überschreiten, werden deshalb zunächst in Regenüberlaufbecken zwischengespeichert. Erst nach Vollfüllung des Beckens wird in ein Gewässer entlastet. Nach Regenende wird der Inhalt des Beckens gedrosselt in den weiterführenden Kanal in Richtung der Kläranlage weitergeleitet. Die Entlastungshäufigkeit von Regenüberlaufbecken liegt etwa zwischen 18 bis 36 mal pro Jahr (Faustwerte).
Arten von Regenüberlaufbecken
Je nach Bauform geht das Wirkprinzip von Regenüberlaufbecken über die reine Zwischenspeicherung hinaus. Dafür sind Regenüberlaufbecken in Form von Fangbecken oder in Form von Durchlaufbecken zu unterscheiden.
Fangbecken werden angeordnet, wenn mit einem ausgeprägten Spülstoß aus dem Einzugsgebiet zu rechnen ist. Dies trifft in der Regel auf kleine Einzugsgebiete (bis 20 ha, A) mit kurzen Fließzeiten (bis zu ca. 15 min) zu. Es speichert die stark verschmutzten Abflussanteile zu Beginn eines Regenereignisses. Nach Regenende wird der gesamte Inhalt der Speicherkammer gedrosselt in Richtung der Kläranlage weitergeleitet. Wird während eines Regenereignisses die Speicherkapazität des Beckens überschritten, wird ein Teil des Zuflusses über den Beckenüberlauf in ein Gewässer entlastet. Durch die Anordnung des Beckenüberlaufs im Zulaufbereich wird das zu entlastende Mischwasser nicht mit dem stärker verschmutzten im Becken durchmischt. Durchlaufbecken werden für größere Einzugsgebiete vorgesehen, aus denen kein ausgeprägter Spülstoß, sondern eine gleichmäßigere Verschmutzungskonzentration zu erwarten ist.
In Durchlaufbecken wird das Mischwasser nicht nur zwischengespeichert, sondern ein Teil durch Absetzen (Sedimentation)
mechanisch vorgereinigt. Um das mechanisch vorgereinigte Mischwasser in das Gewässer abzuleiten, besitzen Durchlaufbecken zusätzlich zum Beckenüberlauf einen gedrosselten Klärüberlauf. Die Drosselung dient dazu, den Zufluss zum Becken zu begrenzen, damit eine ausreichende Aufenthaltszeit für den Absetzvorgang gewährleistet wird. Außerdem sollen bereits abgesetzte Stoffe nicht wieder aufgewirbelt werden. Der Beckenüberlauf dient (wie beim Fangbecken) der direkten Entlastung in das Gewässer nach der Beckenfüllung. Er ist grundsätzlich höher angeordnet als der Klärüberlauf und entlastet nur sehr selten. Eine Kombination aus Fang- und Durchlaufbecken ist das Verbundbecken. Es besitzt sowohl einen Fang- also auch einen Klärteil. Zu Beginn eines Regenereignisses wird das ankommende Mischwasser mit dem stark verschmutzten Spülstoß im Fangteil gespeichert. Nach der Füllung des Fangteils durchfließt das dann ankommende, weniger verschmutzte Mischwasser den Klärteil und wird dabei mechanisch gereinigt und schließlich über den Klärüberlauf ins Gewässer geleitet. Eine andere Form von Speicherbauwerken sind die Stauraumkanäle. In der Regel handelt es sich um Rohrleitungen mit großem Durchmesser. Sie werden nach der Anordnung der Entlastung unterschieden. Stauraumkanäle mit obenliegender Entlastung (SKO) wirken wie Fangbecken im Hauptschluss. Daneben gibt es auch Stauraumkanäle mit untenliegender Entlastung (SKU). Bei ihnen besteht allerdings eine erhöhte Gefahr, dass bei Starkregenereignissen abgesetzte und wieder aufgewirbelte Stoffe in das Gewässer entlastet werden.
Anordnung der Regenüberlaufbecken
Regenüberlaufbecken können sowohl im Hauptschluss als auch im Nebenschluss angeordnet werden. Beim Hauptschluss durchfließt der Trockenwetterabfluss das Becken. Übersteigt bei Regenwetter der Zufluss zum Becken den maximalen Abfluss durch die Drossel, beginnt sich das Becken zu füllen. Die Beckenkammer und das Kanalnetz füllen und entleeren sich zeitgleich. Dies wird als hydraulische Kopplung bezeichnet.
Beim Nebenschluss wird der Trockenwetterabfluss durch ein Trennbauwerk am Becken vorbeigeführt. Erst ein Regenereignis führt durch Rückstau und der dadurch hervorgerufenen Wasserspiegelerhöhung im Trennbauwerk zu einem Überlauf von Mischwasser in das Becken. Nach Regenende muss zunächst der Wasserspiegel im Kanalnetz sinken, bevor das Becken entleert wird. Das Becken füllt und entleert sich somit zeitversetzt zum Kanalnetz. Es liegt eine hydraulische Entkopplung vor. Beim unechten Nebenschluss sind Kanalnetz und Becken zeitweise gekoppelt und zeitweise entkoppelt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Trennbauwerksschwelle wesentlich niedriger als der Klär- bzw. Beckenüberlauf ist.
Bauformen
Die Bau- und Beckenformen von Regenüberlaufbecken lassen sich grundsätzlich unterteilen in:
Regenüberlaufbecken werden in der Regel als Massivbecken in Stahlbetonbauweise ausgeführt. Seltener gibt es auch Ausführungen in Stahl, Edelstahl oder Kunststoff.
Offene und geschlossene Becken
Vorteile offener Regenüberlaufbecken:
Vorteile geschlossener Regenüberlaufbecken:
keine Umzäunung notwendig
Rundbecken
Rundbecken werden in der Regel mit einem sohlnahen tangentialen Einlauf ausgestattet. Der Beckenablauf befindet sich in oder nahe der Beckenmitte. Der tangentiale Einlauf bewirkt in der runden Speicherkammer eine Drehströmung. Durch die Abtrennung absetzbarer Stoffe und den Transport zur Beckenmitte wird die Selbstreinigung der Becken begünstigt. Trotzdem wird bei größeren Abmessungen der Einsatz von starren Rührwerken empfohlen.
Der Klärüberlauf bei runden Durchlaufbecken wird am Beckenrand im 4. Quadranten (gezählt in Drehrichtung vom Zulauf her) angeordnet. Daraus ergibt sich der benötigte Fließweg für die Absetzvorgänge.
Rechteckbecken stellen die häufigste Ausführungsform für Regenüberlaufbecken dar. Sie sind gegenüber den Rundbecken bautechnisch einfacher zu erstellen und lassen sich in der Regel, insbesondere bei einer Anordnung im Nebenschluss, einfacher in Grundstücke einpassen. Sehr große Regenüberlaufbecken (über 2200 m³ Nutzvolumen) können grundsätzlich nur als Rechteckbecken ausgebildet werden.
Der Klärüberlauf von Durchlaufbecken wird in der Regel über die gesamte ablaufseitige Beckenbreite angeordnet. So werden in Verbindung mit einem Einlauf- und Verteilungsbauwerk eine gleichförmige und richtungsstabile Durchströmung der Sedimentationskammer und eine gleichmäßige Anströmung des Klärüberlaufs erreicht.
Als Reinigungseinrichtungen kommen Schwallspüleinrichtungen (z.B. Spülkippen etc.) und Strömungserzeuger (u.a. Rührwerke, Strahlreiniger) zum Einsatz.
Bauwerkskomponenten
Zu den wichtigsten Bauwerkskomponenten für die Funktion eines Regenüberlaufbeckens zählen:
Drosselbauwerk
Das Drosselbauwerk dient der Aufnahme des Drosselorgans (siehe maschinentechnische Ausrüstung). Man unterscheidet die trockene, halbtrockene und nasse Aufstellung des Drosselorgans.
Trennbauwerk
Bei Regenüberlaufbecken im Nebenschluss muss ein Trennbauwerk vorgeschaltet werden. Wird der Drosselabfluss zur Kläranlage im Zulauf überschritten, steigt im Trennbauwerk der Wasserspiegel, und das überschüssige Mischwasser wird über die Trennbauwerksschwelle in die Speicherkammer des Regenüberlaufbeckens geleitet. In der Regel werden das Trennbauwerk und der Beckenüberlauf in einem Bauwerk zusammengefasst.
Klärüberlauf
In Durchlaufbecken wird ein Teil des Mischwassers mechanisch geklärt, bevor es entlastet wird. Während das Mischwasser das Durchlaufbecken durchströmt, findet eine Sedimentation von absetzbaren Stoffen statt. Daher besitzt ein Durchlaufbecken im Gegensatz zu einem Fangbecken, in dem das Mischwasser nur zwischengespeichert werden soll, einen Klärüberlauf.
Durch die Gestaltung des Klärüberlaufs wird der Zufluss zum Durchlaufbecken begrenzt. Diese Begrenzung ist notwendig, um die gewünschte Absetzwirkung zu erzielen und zu verhindern, dass abgesetzter Schlamm wieder aufgewirbelt wird. Dazu wird der Klärüberlauf häufig in Form von gedrosselten Auslaufschlitzen ausgebildet. Als Alternative werden von Ausrüstern auch selbstregulierende Klärüberläufe angeboten.
Beckenüberlauf
Nachdem die Speicherkammer eines Regenüberlaufbeckens vollständig gefüllt ist und das Bauwerk keinen zusätzlichen Zufluss von Mischwasser aufnehmen kann, springt der Beckenüberlauf an. Er hat die Aufgabe jene zufließende Mischwassermenge, die nicht über die Drossel weiter zur Kläranlage und auch nicht über den Klärüberlauf abgeleitet werden kann, ohne vorherige Absetzvorgänge direkt in das Gewässer zu entlasten. Beckenüberläufe werden in der Regel als feste Überlaufschwellen mit seitlicher Anströmung als Streichwehr ausgebildet.
Die bestimmungsgemäße Funktion eines Regenüberlaufbeckens lässt sich nicht allein mit der konstruktiven Gestaltung des Bauwerks erreichen. Je nach Beckentyp und Funktionsweise ist eine mehr oder weniger umfangreiche maschinentechnische Ausrüstung notwendig. Für die Steuerung und Regelung, aber auch die Überwachung des Bauwerks durch Messungen kommt elektrotechnische Ausrüstung zum Einsatz.
Drosselorgane haben die Aufgabe, den in Richtung der Kläranlage weitergeführten Abfluss auf den Drosselabfluss Q(Dr) zu begrenzen. Sie werden am Beckenende unten vorzugsweise außerhalb des Beckens installiert. Dabei soll der Abfluss bei verschiedenen Wasserständen im Becken und dem damit verbundenen variablen Vordruck (Gesetz von Torricelli) möglichst konstant gehalten werden. Es gibt passive und aktive Drosselbauwerke, welche sich z.T. regeln und steuern lassen.
Die Drosselorgane sind die wichtigsten maschinentechnischen Einrichtungen eines Regenüberlaufbeckens. Sie bedürfen einer intensiven Überwachung, weil ihre Funktionsfähigkeit zentral den Erfolg der Regenwasserbehandlung bestimmt.
Schlamm, der sich auf der Sohle und an den Wänden eines Regenüberlaufbeckens ablagert, muss nach Ende der jeweiligen Regenereignisse der Kläranlage zugeführt werden. Er darf weder im Regenüberlaufbecken verbleiben (Faulung) noch während einer Entlastung in das Gewässer eingetragen werden.
In der Regel ist der Einbau von automatischen Reinigungseinrichtungen notwendig. Regenüberlaufbecken werden überwiegend mit Schwallspüleinrichtungen oder Strömungserzeugern ausgerüstet. Bei Schwallspülungen wird das leere Becken mit einem Wasserschwall von Ablagerungen gereinigt. Das Spülwasser fließt dann in einen oder mehreren Spülsümpfen und wird zur Kläranlage weitergeleitet.
Nach einem anderen Wirkprinzip arbeiten Strömungserzeuger (z.B. Rührwerke oder Strahlreiniger). Dafür darf das Becken nicht komplett leer sein, da die bisher abgesetzten Feststoffe durch die Strömungserzeuger aufgewirbelt werden, um dann mit dem restlichen Mischwasser in Richtung Kläranlage zu gelangen.
Messtechnik an Regenüberlaufbecken liefert die Voraussetzungen für
In Tabelle 1 sind die messtechnischen Größen zusammengefasst, die an einem Regenüberlaufbecken erfasst werden sollten.
Tabelle1: Empfehlung für die messtechnisch zu erfassenden Größen an einem Regenüberlaufbecken
Störmeldungen, Fernüberwachung und Fernwirktechnik
Um stets die Betriebssicherheit der Anlagen zur Mischwasserbehandlung zu gewährleisten und die Einflüsse von Mischwasserentlastungen in unsere Gewässer zu minimieren, ist eine intensive Überwachung notwendig. Die Eigenkontrollverordnung (EKVO) sieht daher Vor-Ort-Kontrollen nach jedem Regenereignis oder spätestens alle 2 Monate vor. Gleichzeitig wird die Möglichkeit eingeräumt, diese Kontrollen teilweise auch über Fernüberwachungssysteme, also z. B. über ein Prozessleitsystem, durchzuführen. Die Gefahr, dass Störungen über längere Zeiträume unerkannt bleiben, wird durch die Fernüberwachungssysteme reduziert und es können schneller Maßnahmen zur Störungsbeseitigung ergriffen werden.
Weitere und ausführlichere Informationen finden Sie unter anderem in unserem Handbuch "Betrieb von Regenüberlaufbecken" im Bereich Publikationen